Diskussionen um Böller in Bochum

Die bundesweite Diskussion um mögliche Böllerverbote ist auch an Bochum nicht vorbeigegangen. Im Zentrum der Debatte steht unter anderem die Forderung nach einem Bürgerentscheid.

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Bochum: Viele Einsätze in der Silvesternacht

Auch in unserer Stadt gab es in der Silvesternacht wieder viele Einsätze im Zusammenhang mit Pyrotechnik. Über 50 Brandeinsätze und 72 Rettungsdiensteinsätze hat die Feuerwehr zwischen 22 Uhr am 31.12.22 und 07 Uhr am 01.01.23 gezählt, so Feuerwehrchef Simon Heußen. Generell war die Feuerwehr in der Silvesternacht in diesem Jahr ungewöhnlich stark beschäftigt.

"Also insgesamt war es jetzt eine sehr, sehr intensive Silvesternacht, so wie schon seit vielen, vielen Jahren nicht mehr. Gerade im Vergleich zu den letzten 2 Jahren mit den Corona-Einschränkungen - Da hatten wir wirklich sehr ruhige Silvesternächte. Aber auch im Vergleich zu vorher." - Feuerwehrchef Simon Heußen

Für Schlagzeilen hatte vor Allem ein Einsatz an der Brüderstraße gesorgt, bei dem Einsatzkräfte der Polizei mit Böllern angegriffen wurden. Böllerverbotszonen, wie beispielsweise in unserer Nachbarstadt Dortmund, gab es in Bochum nicht.

Bochumer Klimabündnis fordert breite Debatte

Das Bochumer Klimabündnis "BOKlima" hat sich im Zuge der bundesweiten Debatte um Silvesterfeuerwerk der Forderung nach Böllerverboten angeschlossen. Dazu veröffentlichte die Gruppe einen offenen Brief, in dem sie neben den Angriffen auf Einsatzkräfte und der Häufung der Brand- und Rettungseinsätze auch andere Gründe für diese Haltung anbringen. Zum Beispiel die Feinstaub- und Lärmbelastung oder die Auswirkungen für Wild- und Haustiere.

BOKlima will in seinem offenen Brief zu einer "breiten Debatte" in Bochum anregen

"[...] an deren Ende eine oder mehrere Alternativen zur bisherigen, weitgehend ungeregelten Praxis stehen. Die Entscheidung sollten Bochums Bürger:innen treffen, in dem Ihnen vom Rat unserer Stadt die alternativen Lösungsmöglichkeiten [...] zur Wahl gestellt werden." - BOKlima in ihrem offenen Brief

Diese Lösungsmöglichkeiten will BOKlima der Bochumer Bürger:innenschaft in einem Ratsbürgerentscheid zur Wahl stellen. Auf Radio Bochum Nachfrage haben sich mehrere Ratsfraktionen bereits zu dieser Forderung geäußert.

Anfrage an Fraktionen

Nachdem BOKlima in ihrem offenen Brief eine Auseinandersetzung mit Silvesterfeuerwerk im Bochumer Rat gefordert haben, haben wir von Radio Bochum den Fraktionen diese Anfrage zukommen lassen:

"Wie stehen Sie zu Böllerverboten/ Freiem Verkauf von Feuerwerk? Wie stehen Sie zu Böllerverbotszonen, wie sie die Stadt Dortmund beispielsweise eingerichtet hat? Wie bewerten Sie die Entscheidung der Stadtverwaltung gegen entsprechende Zonen? Würden Sie einem Ratsbürgerentscheid - im Sinne des Bochumer Klimaschutzbündnisses – zustimmen?" - Radio Bochum Anfrage

Die Ratsfraktionen der Stadtgestalter und der FDP hatten sich bereits vor der Anfrage entsprechend geäußert und haben sie dementsprechend nicht von uns bekommen.

So stehen die Bochumer Ratsfraktionen zur Debatte

SPD

Die SPD lässt auf Radio-Bochum Nachfrage von Fraktionsvorsitzendem Burkart Jentsch wissen, dass sie sich gegen ein generelles Verkaufsverbot von Feuerwerk aussprechen. Über einzelne Verbotszonen sollte man in Absprache mit Feuerwehr und Polizei allerdings nachdenken - Diese wären zum Beispiel im Bermuda3Eck oder am Schauspielhaus denkbar. Ein zentrales Feuerwerk kann Jentsch sich nicht vorstellen.

GRÜNE

Die Grünen im Rat sprechen sich nicht explizit für oder gegen ein Böllerverbot aus. Ein solches Verbot sei in der Fraktion bisher kein Thema gewesen, so der Fraktionsvorsitzende, Sebastian Pewny. Er betont in seiner Antwort: Sollte man hier regulieren wollen, brauche es Regelung auf Bundes- bzw. Landesebene. Explizit erwähnt Pewny auch noch, dass man zwischen Böllern und Raketen unterscheiden müsse. Einzelne "Böllerverbotszonen" seien durchaus vorstellbar, so die Grünen. Einen Ratsbürgerentscheid wie von BOKlima gefordert lehnt die Grüne Ratsfraktion weder explizit ab, noch stimmt sie ihr zu. Ein "Bochumer Alleingang, wie ihn das Klimaschutzbündnis vorschlägt" hält Pewny nicht für durchsetzbar und zielführend. Dieses Thema will die Fraktion daher noch beraten. Pewny geht aber nicht davon aus, dass die Fraktion der Forderung zustimmen würde.

CDU

Der Fraktionsvorsitzende Christian Haardt weißt darauf hin, dass die Fraktion sich bislang nicht zur Forderung von BOKlima beraten konnte. Er geht aber davon aus, dass auch die CDU Bochum ein Böllerverbot und ein Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern ablehnen würde - Er selbst tue dies. Die Einrichtung von Verbotszonen an Stellen an denen es in der Vergangenheit Probleme gab, oder wo in Zukunft Probleme zu erwarten seien findet Haardt sinnvoll. Dass die Verwaltung diese nicht eingerichtet habe, sei nicht nachvollziehbar. Haardt lässt in seiner Stellungnahme wissen, dass die CDU Fraktion im Rat sich zum Thema "Ratsbürgerentscheid" noch beraten werde. Er geht aber nicht davon aus, dass die CDU Ratsfraktion sich dem anschließen werde.

LINKE

Die Bochumer Linken begrüßen die Forderung nach einem Ratsbürgerentscheid. Sie lassen außerdem wissen, ein bundesweites Böllerverkaufsverbot sei aus ihrer Sicht "der richtige Schritt". Böllerverbotszonen, so Die LINKE seien allerdings nicht leicht zu überwachen. Hier müssten Erfahrungen aus anderen Städten ausgewertet und Absprachen mit den Ordnungsbehörden getroffen werden.

STADTGESTALTER

Mitte Dezember hätte die Fraktion ein zentrales Feuerwerk im Rat vorgeschlagen. Dass sich jetzt auch Bochums Feuerwehrchef für ein Profi-Feuerwerk stark mache, zeige eindeutig, dass SPD, Grüne, CDU und UWG mit ihrer Ablehnung falsch lägen, kommentiert Dr. Volker Steude, Ratsmitglied der STADTGESTALTER. Er fordert, dass der Rat in den nächsten Monaten seine Haltung zum zentralen Feuerwerk überdenken müsse. Ein professionelles Feuerwerk könne durch Illuminationen, Lasershow-Elementen und Lichttechnik den Einsatz von Sprengstoffen verringern, ohne dafür an Showeffekte einzubüßen, sagt die Fraktion. Das sei auch gut in Sachen Feinstaub und Plastik sowie für Haus- und Wildtiere. Alkoholkonsum und Pyrotechnik würden sich nicht vertragen. Auch unterstützen die STADTGESTALTER einen Ratsbürgerentscheid. Als Beispiel führt die Fraktion eine Lösung wie in Antwerpen an, wo die Stadt ein zentrales Feuerwerk bei gleichzeitigem privaten Böllerverbot im Innenstadtbereich organisiere.

UWG: Freie Bürger

Jens Lücking, der Fraktionsvorsitzende der UWG, sagt auf Anfrage von Radio Bochum, er sei gegen ein generelles Feuerwerksverbot. Das solle jeder selbst entscheiden. Er ergänzt, dass dadurch die bösen Geister verscheucht werden sollen, dazu hätte das Klimabündnis nichts gesagt, so Lücking. Böllerverbotszonen an neuralgischen Punkten könne er sich vorstellen. Einem Ratsbürgerentscheid würde er nicht zustimmen, denn es gehe nicht um ein Projekt, sondern um Freiheitseinschränkung. Sonst könne man auch einen Ratsbürgerentscheid zum Verbot von Autos oder zum Verbot des Fleischverkaufes durchführen. Letztlich müsse es eine Länder- oder Bundesangelegenheit sein, wie mit dem Problem umgegangen wird.

FFB - Fraktion Für Bochum

Die FFB-Ratsfraktion spricht sich auf Radio Bochum-Anfrage deutlich gegen ein generelles Böllerverbot aus. Zur Begründung heißt es, es sei eine sehr alte Tradition. In vielen Dingen gebe die Fraktion den Argumenten des Bündnisses recht, so zum Beispiel bei den Tieren, dem Müll den Verletzten wegen unsachgemäßem Umgang mit Feuerwerkskörpern. Die Fraktion sagt: Böllerverbotszonen könnten ein Weg sein, um zumindest an stark frequentierten Örtlichkeiten die Probleme nicht eskalieren zu lassen. Zur Durchsetzung seien aber zu wenig Ordnungskräfte greifbar. Die Durchführung eines Ratsbürgerentscheides werde die Fraktion unterstützen. Die Bochumer sollen selbst über ein mögliches Verbot entscheiden, so die FFB.

FDP

Die FDP bleibe beim Nein zum generellen Böllerverbot, und werde keinem Ratsbürgerentscheid zustimmen. Eine Wahl zwischen mehreren Alternativen wäre ohnehin rechtlich nicht zulässig, da über die bei einem Bürgerentscheid gestellte Frage nur mit Ja oder Nein abgestimmt werden kann", so Haltt abschließend. "Wenn sich jeder in der Silvesternacht vorsichtig verhalten würde, müsste es diese Einsätze nicht geben. Aber jetzt diejenigen, die verantwortungsvoll und vorsichtig handeln, mit einem generellen Böllerverbot zu bestrafen, halten wir für die falsche Reaktion", betont Léon Beck, Kreisvorsitzender der FDP Bochum. Über ein zentrales Feuerwerk könne aber nachgedacht werden, es sei aber keine Alternative zum Privatfeuerwerk, weil nicht jeder in Menschenmengen feiern wolle.



Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 04. Januar um 08:15 Uhr überarbeitet. In einer vorigen Version waren die Aussagen der Fraktionen nach zeitlichem Erscheinen gelistet, jetzt sind sie entsprechend der Sitzverteilung im Rat der Stadt angeordnet.

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