Applaus statt Wut: Bochums ungewöhnlicher Abstieg
Veröffentlicht: Samstag, 10.05.2025 19:01

Fußball-Bundesliga
Bochum (dpa) - Sichtlich angefasst nahm Dieter Hecking das Stadionmikrofon und richtete nach dem vorzeitigen Bundesliga-Abstieg emotionale Worte an die Bochumer Fans. «Wir haben es leider nicht gelöst, dafür entschuldige ich mich bei euch», sagte der Coach mit brüchiger Stimme.
Trotz Trauer und Enttäuschung gab es nach dem 1:4 (0:1) gegen den FSV Mainz 05 von den Rängen keine Pfiffe. Stattdessen Anfeuerungen und donnernden Applaus. «VfL, wir sind da, jedes Spiel, ist doch klar», sangen die Anhänger mit Blick auf die kommende Saison in der 2. Fußball-Bundesliga.
Hecking zieht den Hut
«Vor euch verneige ich mich, vor dem ganzen Publikum im Stadion - Chapeau», sagte Hecking. Auch Kapitän Anthony Losilla, der seit 2014 in Bochum ist und vor der Partie ebenso wie Cristian Gamboa verabschiedet wurde, war beeindruckt.
«Leider ist diese Saison ein bisschen schiefgegangen, aber ich bin überzeugt, mit solchen Leuten, mit solchen Fans, dass wir sehr schnell wieder die Bundesliga erleben werden», sagte der Franzose bei Sky und ergänzte: «Weil die haben das einfach verdient. Der Verein hat das verdient, diese Fans haben das verdient.»
Auch ein Sieg hätte nicht geholfen
Zum siebten Mal steigt Bochum aus der Bundesliga ab. Vor 26.000 Zuschauern im Ruhrstadion kämpfte der VfL zwar leidenschaftlich, war offensiv aber zu harmlos. Weil Konkurrent 1. FC Heidenheim beim 1. FC Union Berlin gewann, hätte den Bochumern selbst ein Sieg nicht geholfen.
Nationalspieler Nadiem Amiri in der dritten Minute der Nachspielzeit der ersten Hälfte, Philipp Mwene (53.), Jonathan Burkardt (73.) und Paul Nebel (90.+3) erzielten die Tore für die Gäste.
Die sechstplatzierten Mainzer haben die Teilnahme am Europapokal mit einem Sieg am letzten Spieltag nun selbst in der Hand. Der Gegner ist allerdings Bayer Leverkusen. «Das wird wahnsinnig. Wir probieren alles», sagte Trainer Bo Henriksen, dessen Team seine Negativserie nach sieben Spielen ohne Sieg beendete.
Hecking zeigt sich auch selbstkritisch
Bei den Bochumern, bei denen Gerrit Holtmann das einzige Tor gelang (84.), hatte sich der Abstieg bereits früh in der Saison angedeutet. Nach sieben Spielen lag der Revierclub mit nur einem Punkt am Tabellenende. Die Verpflichtung von Coach Peter Zeidler stellte sich früh als großes Missverständnis heraus. Für den 62-Jährigen war nach nicht einmal vier Monaten in Bochum wieder Schluss.
Nach einer Übergangszeit mit Interimscoach Markus Feldhoff übernahm Hecking. Der erfahrene Trainer stabilisierte den VfL und weckte zwischenzeitlich sogar die Hoffnung auf den direkten Klassenverbleib.
Dem sensationellen 3:2-Sieg beim FC Bayern München Anfang März folgten jedoch fünf Niederlagen und zwei Unentschieden. «Wir waren in der Pole-Position und wir haben sie aus der Hand gegeben», stellte Hecking - auch selbstkritisch - fest.
Schon vor dem Spiel gegen Mainz war klar: Bochum braucht ein Fußballwunder. Das blieb aus. Hecking wird den VfL trotzdem weiter betreuen und auch in der zweiten Liga coachen.
Bochum fehlen vorne die Mittel
Bochum spielte zwar engagiert, war aber zu ungefährlich. Amiris sehenswerter Freistoß aus rund 20 Metern in den Winkel leitete die Niederlage ein.
Dass die Bochumer Fans auch nach weiteren Mainzer Toren ihre Treue zum Verein besangen und nach dem Spiel positiv blieben, beeindruckte sogar den FSV-Coach. «Ich habe das noch nie gesehen. Das ist absolut Weltklasse», sagte Henriksen und ergänzte: «Das ist Fußball. Das ist Herz.»
