Petros mit Sensation im Marathon - «Geschichte geschrieben»

Leichtathletik: Weltmeisterschaft
© Oliver Weiken/dpa

Leichtathletik-WM

Tokio (dpa) - Marathonläufer Amanal Petros schmiss sich mit letzter Kraft über die Ziellinie und schlug sich dann nach seinem Sensationscoup im Marathon etwas ungläubig die Hände über den Kopf. Der 30-Jährige gewann völlig überraschend bei den Weltmeisterschaften in Tokio die Silbermedaille. Nach einem Erfolg für die deutsche Leichtathletik-Geschichte wollte der in jungen Jahren aus Afrika geflüchtete Läufer eingehüllt in eine Deutschland-Fahne gar nicht mehr mit der Ehrenrunde aufhören.

«Für mich ist es eine riesengroße Geschichte, das zu erreichen - besonders für meine Familie, für meine Mama, die schon ewig in einem Kriegsgebiet lebt. Ich habe sie seit acht, neun Jahren nicht gesehen», sagte Petros. Der 30-Jährige musste sich bei extrem schwülen Bedingungen in einem mega-spannenden Schlusssprint nur Alphonce Simbu aus Tansania im Foto-Finish mit einem Wimpernschlag von 0,03 Sekunden geschlagen geben. Bronze holte der Italiener Iliass Aouani.

«Geschichte geschrieben»

«Amanal hat Geschichte geschrieben», sagte ein vollkommen überwältigter Marathon-Bundestrainer Alexander Fromm, der Freudentränen in den Augen hatte, in der ARD. «Einfach überragend.»

Petros lief die prestigeträchtige Strecke von 42,195 Kilometern in Tokio in 2:09:48 Stunden und machte von Beginn an in der Spitzengruppe ein starkes Rennen. Auf Tempoverschärfungen konnte er stets antworten. Als er zusammen mit Simbu und Aouani auf die letzten Meter in das Nationalstadion von Tokio einbog, griff Petros an. Bis wenige Meter vor dem Ziel sah er sogar wie der Sieger aus. Doch auf den letzten Metern zog Simbu noch an dem Deutschen vorbei. 

«Diese Medaille ist für mich eine riesengroße Integration als Deutscher», sagte Petros, dessen Mama in Tigray in Äthiopien lebt. Da die Mutter laut Petros in einem Dorf ohne Strom und Internet lebt, wolle er ihr ein paar Videos schneiden und schicken. «Hoffentlich werde ich sie mal nach Deutschland zu einem Wettkampf bringen.» 

2012 aus Ostafrika geflüchtet

Der 2012 aus Ostafrika geflüchtete Petros holte damit erst die zweite deutsche Marathon-Medaille bei den Männern in der Geschichte von Leichtathletik-Weltmeisterschaften. 1983 in Helsinki gewann der zweimalige Olympiasieger Waldemar Cierpinski für die DDR Bronze.

«Ich träume jetzt gerade. Es war wirklich eine sehr, sehr lange Reise. Endlich habe ich es geschafft. Ich habe vier Monate lang auf 2.500 Metern Höhe in Kenia trainiert. Das war für mich keine leichte Zeit, das war brutal», sagte Petros.

Zweite Medaille in Tokio für Deutschland

Nach Silber von Weitspringerin Malaika Mihambo am Sonntag ist der Petros-Coup bereits das zweite Edelmetall für den Deutschen Leichtathletik-Verband in Japan. Bei der vergangenen WM in Budapest vor zwei Jahren waren die deutschen Sportlerinnen und Sportler noch komplett ohne Medaille geblieben.

Richard Ringer lief wie auch Petros ein couragiertes Rennen und belegte den 13. Rang. Nach etwa 34 Kilometern musste der Europameister von 2022 in München die Spitzengruppe ziehen lassen.

Ringer freut sich mit: «Moment genießen»

«Mein Ziel war Top-Acht», sagte Ringer, der wegen des Coups seines Teamkollegen Petros trotzdem sehr glücklich war. «Die letzten Tage habe ich mit ihm auf dem Zimmer gebracht. Da haben wir uns gegenseitig gepusht.» Man müsse den «Moment genießen», betonte Ringer. «Amanal hat damals mit mir den EM-Titel genossen. Und heute genieße ich seine Medaille.»

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Amanal Petros holte WM-Silber im Marathon© Michael Kappeler/dpa
Amanal Petros holte WM-Silber im Marathon
© Michael Kappeler/dpa
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Marathonläufer Amanal Petros hat sensationell Silber geholt.© Michael Kappeler/dpa
Marathonläufer Amanal Petros hat sensationell Silber geholt.
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Leichtathletik: Weltmeisterschaft
Richard Ringer lief ein couragiertes Rennen.© Michael Kappeler/dpa
Richard Ringer lief ein couragiertes Rennen.
© Michael Kappeler/dpa

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