Selbsthilfegruppe gegen Agoraphobie

Agoraphobie ist die Angst vor Situationen oder Orten, die das Gefühl erwecken, nicht leicht entkommen zu können und im Falle einer Panikattacke keine Hilfe zu bekommen. Eine Bochumerin hat gegen diese Angststörung eine Selbsthilfegruppe gegründet und will Betroffenen Mut machen.

Messenger-Gruppen bieten Raum für Beleidigungen und Mobbingattacken.
© Christin Klose/dpa-tmn

Agoraphobie ist keine Seltenheit

Rund fünf Prozent der Menschen in Deutschland sind von dieser Angststörung betroffen. Die Agoraphobie leitet sich aus dem Griechischen von agóra für Marktplatz und phóbos für Furcht ab. Damit erklärt sich auch der Begriff, denn die Angst wird durch bestimmte Orte und Situationen wie weite Plätze oder Menschengedränge ausgelöst. Das hat zur Folge, dass Betroffene zum Teil gar nicht mehr die eigenen vier Wände verlassen.

"Situationen werden dann sukzessiv immer mehr vermieden und das führt dann dazu, dass die Menschen ganz, ganz stark eingeschränkt sind. Im Extremfall sehen wir Patientinnen und Patienten, die jahrelang an's Haus gefesselt sind." - Prof. Dr. Jürgen Margraf, Ruhr-Universität Bochum, Institut für Klinische Psychologie & Psychotherapie

Die Befürchtung bei den meisten Menschen ist, dass ihre Angst- und Panikanfälle bedeuten könnten, sie stünden unmittelbar vor einem Herzinfarkt oder einer anderen Katastrophe. Ganz typische Situationen sind zum Beispiel das Einkaufen in großen Kaufhäusern, das Aufhalten in dichten Menschenmengen oder das Autofahren. Also alles Szenarien, aus denen man eben nicht schnell flüchten kann.

Corona-Pandemie hat die Ängste verschlimmert

Die Corona-Pandemie hatte viele Einflüsse auf das gesellschaftliche Leben weltweit. Ganz besonders wurde natürlich das Sozialleben auf den Kopf gestellt und das hat große Auswirkungen auf Agoraphobie Patientinnen und Patienten.

"Wenn Sie jetzt die ganze Zeit zuhause hocken, dann kann das zum einen erstmal bedeuten, Sie müssen sich nicht irgendwelchen für Sie aufregenden Sachen aussetzen. Das kann eine gewisse Erleichterung bedeuten. Andererseits kann es aber auch langfristig dazu führen, dass Sie die ganze Zeit zuhause sitzen und umso weniger üben und sich die Angst umso mehr ausbreiten kann. Das sind zwei Prozesse mit unterschiedlicher Zeitperspektive. Die Erleichterung kommt sofort, das Ausbreiten der Angst braucht ein bisschen länger." - Prof. Dr. Jürgen Margraf, Ruhr-Universität Bochum, Institut für Klinische Psychologie & Psychotherapie

Deshalb ist es für Professor Margraf auch wenig überraschend, dass es eine spürbare Zunahme von Anfragen der Betroffenen nach Therapieplätzen gibt.

Alle Selbsthilfegruppen belegt

Radio Bochum Hörerin Britta gehört ebenfalls zu den Menschen, die von der Agoraphobie betroffen sind. Als sie sich dazu entschlossen hatte einer Selbsthilfegruppe beizutreten, stand sie plötzlich vor einem Problem: In keiner Selbsthilfegruppe gab es noch freie Plätze. Also hat sie sich kurzerhand dazu entschlossen eine eigene online Selbsthilfegruppe für Betroffene zu gründen, die mit Agoraphobie und Panikstörungen zu kämpfen haben. Dabei ist es ihr besonders wichtig Verständnis und Aufmerksamkeit für diese Art der Angststörung zu schaffen.

Hilfe für Betroffene

"Das ist ein Punkt, der mir sehr wichtig ist: Die Agoraphobie ist zwar eine sehr schwere Angststörung und die Betroffenen leiden sehr stark, aber es ist zugleich eine Störung, die man besonders gut behandeln kann. Die Methode der Wahl ist eine psychologische Therapie, eine sogenannte Verhaltenstherapie. Mit der kann man die allermeisten Agoraphobien in vergleichsweise kurzer Zeit sehr bedeutend bessern oder sogar heilen." - Prof. Dr. Jürgen Margraf, Ruhr-Universität Bochum, Institut für Klinische Psychologie & Psychotherapie

Auch Selbsthilfegruppen sind für Professor Margraf eine gute, erste Anlaufstelle, um zu erkennen, dass Betroffene nicht alleine sind. Besonders weil in Nordrhein-Westfalen teils lange Wartezeiten für Therapieplätze bestehen, kann eine Selbsthilfegruppe eine ideale Überbrückung sein. Die Agoraphobie Therapie ist übrigens eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen.

Kontakt

Wenn ihr auch von Agoraphobie betroffen seid, gibt es Anlaufstellen, an die ihr euch wenden könnt. Die Selbsthilfe-Kontaktstelle Bochum kann euch an die online Selbsthilfegruppe vermitteln. Erreichen könnt ihr diese telefonisch unter 0234-23991111 oder per Mail an selbsthilfe-bochum@paritaet-nrw.org. Für eine erste Vermittlung von Psychotherapieplätzen könnt ihr euch rund um die Uhr telefonisch an den Patientenservice unter der 116117 wenden. Online könnt ihr auch selber nach Psychotherapeutinnen und -therapeuten in eurer Nähe suchen. Eine direkte online Terminbuchung bietet der Patientenservice auch an, dafür benötigt ihr einen Vermittlungscode, den ihr direkt online anfragen könnt. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe vermittelt für Bochumerinnen und Bochumer Psychotherapieplätze und ist unter der 0251-9299000 telefonisch zu erreichen.

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