Krankenkassen wollen Fehlfahrten nicht mehr bezahlen - auch in Bochum nicht
Veröffentlicht: Freitag, 24.10.2025 14:53
Die Krankenkassen in NRW wollen sogenannte "Fehlfahrten" bei Einsätzen mit Krankenwägen in Zukunft nicht mehr bezahlen. Landen könnte die Rechnung bei den Patientinnen und Patienten - auch in Bochum. Die Kommunen wehren sich dagegen.

Kassen wollen Fahrten nicht mehr bezahlen
Wer bisher den Krankenwagen gerufen hat, musste in der Regel nur eine geringe Zuzahlung leisten. Auch, wenn man als Patient nicht ins Krankenhaus mitfahren musste. Das könnte sich in Zukunft ändern. Die Krankenkassen in NRW wollen sogenannte "Fehlfahrten" nicht mehr bezahlen. Dazu beruft sich der Verband der Ersatzkassen e.v: (vdek) in einer Stellungnahme auf das Sozialgesetzbuch
"Nach § 60 Abs. 2 Nr. 2 SGB V dürfen die Krankenkassen die Kosten nur für solche Rettungsfahrten übernehmen, die im Zusammenhang mit einem Transport der Patientin oder des Patienten in ein Krankenhaus stehen. Für sogenannte Fehleinsätze ohne Transportleistung – also Einsätze, bei denen kein Patient befördert wird – besteht hingegen keine gesetzliche Finanzierungsverpflichtung der Krankenkassen" - Stellungnahme der gesetzlichen Krankenkassen und Krankenkassenverbände in Westfalen-Lippe
Die entstehenden Kosten hätten in diesem Fall die Kommunen zu tragen - also auch die Stadt Bochum. Die beziffert die Kosten von "Fehlfahrten" auf rund 8 bis 10 Millionen Euro jährlich. Zu Fehlfahrten zählen:
- Fahrten, bei denen Patientinnen oder Patienten sich vor dem Eintreffen des Rettungswagens vom Einsatzort entfernen
- Fahrten, bei denen sich vor Ort herausstellt, dass der Patient keine medizinische Hilfe braucht
- Fahrten, bei denen sich eine medizinische Versorgung vor Ort als ausreichend herausstellt
- Fahrten, bei denen der Rettungsdienst böswillig alarmiert wurde
- Fahrten, bei denen Patientinnen oder Patienten die Mitnahme ins Krankenhaus entgegen ärztlichem Rat verweigern
- Fahrten, bei denen Patientinnen oder Patienten noch am Einsatzort versterben
Bei all diesen Fällen könnten in Zukunft also erhebliche Mehrkosten auf die Kommunen zukommen. Die könnten das aber nicht leisten, so Bochums scheidender Oberbürgermeister Thomas Eiskirch - er ist außerdem Vorsitzender des Städtetags NRW. Die Kosten müssten deswegen, so Eiskirch in den Kommunen an die Patientinnen und Patienten selbst weitergeben. In Bochum genauso wie in den anderen Kommunen in NRW. Die Krankenkassen selbst erklären, eine solche Weitergabe der Kosten sei unzulässig. Sie fordern eine Verschlankung des Rettungsdienstes in NRW, zum Beispiel durch eine Reduktion der Leitstellen und eine digitale Vernetzung mit dem ärztlichen Bereitschaftsdienst.
Die Kommunen - und Thomas Eiskirch als Vorsitzender des Städtetags in NRW - fordern die Krankenkassen zu einer Lösung auf, bei denen "Fehlfahrten" weiter von den Kassen bezahlt werden.
Bochums OB: "Amerikanische Verhältnisse"
Thomas Eiskirch sieht in den Plänen der Krankenkassen ein absolut falsches Signal.
"Was machen denn Menschen, wenn sie zum ersten Mal so eine Rechnung bezahlen mussten, weil der Krankenwagen kam, sie ihn aber nicht benötigt haben? Sie sollen ja 112 rufen und um Hilfe [rufen] - und tun es vielleicht nicht, genau in dem Fall wo sie ihn [den Krankenwagen] vielleicht wirklich bräuchten." - Thomas Eiskirch, Oberbürgermeister Stadt Bochum
Das seien "amerikanische Verhältnisse", so Eiskirch weiter - etwas, was wir "in unserer Gesellschaft nicht gebrauchen könnten". Er fordert daher besonders die Krankenkassen zu einem Einlenken und einer Einigung auf, bei der die Kosten, auch für Fehlfahrten wieder von den Kassen übernommen würden.


