Bochumer Arztpraxen überlastet

Corona ist für uns schon zu einem Alltagsthema geworden. Abstand halten, Maske tragen und Hände waschen – oder doch am besten ganz zu Hause bleiben. Der Bezirksleiter der kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, Herr Dr. Kampe, und Hannelore König, Präsidentin des Verbands der medizinischen Fachberufe, haben uns erklärt, welche Hürden die medizinischen Fachangestellten gerade überwinden müssen und wie wir ihnen helfen können.

© Olaf Fuhrmann / FUNKE Foto Services

Dr. Kampe zur aktuellen Situation in Bochumer Praxen

Arztpraxen sind zurzeit sehr überlastet. Aktuell gibt es in Bochum keine Testzentren mehr, deshalb werden die meisten Corona Tests beim Hausarzt durchgeführt. Ein Testzentrum am Harpener Feld wird vom Gesundheitsamt betrieben. Hier werden unter anderem asymptomatische Patienten, die im direkten Kontakt mit Corona Patienten waren und Menschen aus Gesundheitsberufen getestet. Ansonsten werden Patienten mit typischen Corona Symptomen beim Hausarzt versorgt. In der letzten Woche wurden, so Dr. Kampe, rund 24.000 Abstriche in den Bochumer Praxen gemacht.

So entlastet ihr die Bochumer Praxen

Je nach Größe und Kapazität ist immer nur eine bestimmte Anzahl an Patient*innen erlaubt. Ganz wichtig ist dabei, sich vorher telefonisch anzumelden, so Dr. Kampe. So können die medizinischen Fachangestellten im Voraus organisieren und die Praxen bleiben für jeden sicher. Daraus resultiert natürlich ein zusätzlich hoher Aufwand für die Mitarbeiter*innen der Praxis. Umso wichtiger ist es, sich beim Praxisaufenthalt an die Hygieneregeln zu halten.


Bei Symptomen also unbedingt erst beim Hausarzt anrufen. Telefonisch kann es dann wie folgt ablaufen:


1.   Falls die Symptome wie ein normaler Infekt klingen, schreibt der Arzt euch telefonisch krank und ihr bekommt per Post eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zugeschickt.


2.   Weisen die Symptome auf Covid-19 hin, so wird ein Termin zur sogenannten „Infekt-Sprechstunde“ vereinbart. Dabei werdet ihr abgestrichen und wartet dann in Quarantäne auf die Ergebnisse. Die kommen in der Regel nach ein bis zwei Tagen an. Ihr bekommt dazu einen QR-Code und werdet dann zeitnah informiert.


3.   Es kann aber auch vorkommen, dass euer Hausarzt auch nach den Testergebnissen nicht sicher ist, ob es sich um Corona handelt oder um einen normalen Infekt. Das besprecht ihr dann nicht telefonisch, sondern bei einem Termin.


Wie eine Infekt-Sprechstunde genau aussieht, hängt wieder von den Räumlichkeiten der Praxis und der Organisation des Arztes ab. Es kann beispielsweise sein, dass die Termine außerhalb der offiziellen Sprechzeiten stattfinden. Viele Praxen stellen dafür ein separates Zimmer und extra eingeteiltes Personal zur Verfügung. In Bochum gibt es samstags zwei Infektionspraxen, die von 9 bis 13 Uhr geöffnet haben und bieten ausschließlich Infekt-Sprechstunden an. Auch hier müsst ihr euch vorher telefonisch anmelden.

"Medizinische[n] Fachangestellte[n] am Limit“

Bereits die erste Welle der Corona Pandemie war für das medizinische Fachpersonal eine große Herausforderung. Aber jetzt nimmt die Überlastung noch mal enorm zu, so Hannelore König, Präsidentin des Verbands der medizinischen Fachberufe (VmF). Eine ganze Berufsgruppe bestehend aus 400.000 Beschäftigten wird ihrer Auffassung nach zu wenig wahrgenommen. Besonders jetzt leisten die Angestellten der Arztpraxen noch mehr als im Frühjahr. Hannelore König ist aufgebracht, da sie und ihre Kolleg*innen die zweite Welle kommen sehen haben. Jedoch wurden sie von der Politik sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene nicht beachtet. Gerade in den hausärztlichen, internistischen und Kinder- und Jugendpraxen droht eine totale Überlastung. Die VmF-Vorsitzende ist besorgt, dass „die medizinischen Fachangestellten […] am Limit“ sind.


Eine der vielen Aufgaben, die sie tragen, ist die Beratung der Patient*innen. Dabei wird den Patient*innen erklärt, aus welchem Grund der Abstrich gemacht wird. Neben dem Hausarzt kann auch das medizinische Fachpersonal den Abstrich machen. Im Anschluss muss das Ganze dann noch dokumentiert und abgerechnet werden. Da der Patient sich erst telefonisch melden soll, sind die Telefonleitungen ständig belegt. Das Personal ist im Moment dem „Telefonterror“ ausgesetzt. Sobald ein Gespräch endet, folgt direkt das Nächste.

Die Arztpraxen sind unter anderem auch ausgelastet, da im Moment „19 von 20 Covid-19 Patienten im ambulanten Gesundheitswesen versorgt und behandelt werden“. Auch hier steuern und koordinieren die medizinischen Fachangestellten die Prozesse und begleiten die Patient*innen auf diesem schwierigen Weg.



Mehr Testzentren und Unterstützung bei Telefongesprächen

König weiß aber auch wie Arztpraxen entlassen werden könnten:

Zum einen würden speziell eingerichtete Infektionssprechstunden an anderen Standorten helfen. Auch die erneute Einführung von Testzentren und zusätzliche Unterstützung bei Telefongesprächen wären wünschenswert.

Von der Regierung will König, dass „medizinische Fachangestellte in der Versorgung der Pandemie einfach mal gesehen und wertgeschätzt werden“. Außerdem sollte überlegt werden, ob ein Coronasonderbonus sinnvoll wäre. An dieser Stelle ist es wichtig, dass in Arztpraxen der Arbeitsschutz eingehalten wird, indem genügend Schutzmaterialien bereitgestellt werden. Die Mitarbeiter dürfen nicht wieder in die Gefahr laufen, sich untereinander anzustecken.


Wir als Bürger müssen in einer solchen Ausnahmesituation viel Verständnis für die Überlastung beim Hausarzt zeigen. Die Mitarbeiter beim Hausarzt haben alle Hände voll zu tun. Daher brauchen sie vor allem Verständnis, Rücksichtnahme und Wertschätzung von uns für ihre Arbeit.



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